Lisa Rastl

Lisa Rastl

Geboren 1974 in Niederösterreich / Mödling; lebt und arbeitet in Wien und im Burgenland. Verheiratet mit dem Künstler und Choreographen Willi Dorner. 1995 Geburt der gemeinsamen Tochter. 1988 bis 1991 Ausbildung zur Fotografin an der Höheren Graphischen BLVA, Wien. 1993 Abschluss mit Meisterprüfung; 1994 Schule Friedl Kubelka. Künstlerische Fotografie. 2006 bis 2014 Studium an der Akademie der bildenden Künste Wien in der Klasse textuelle Bildhauerei bei Heimo Zobernig; Diplomprüfung mit Auszeichnung. Seit 1993 als freiberufliche Fotografin und freischaffende Künstlerin tätig. Ab 1995 Zusammenarbeit mit Willi Dorner. 2000 bis 2010 Aufbau und Leitung der Fotoabteilung des mumok Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien (ab 2006 Leitung gemeinsam mit Leni Deinhardstein). Seit 2019 Zusammenarbeit mit der Kuratorin Ruth Horak und den Künstlerinnen Caroline Heider und Claudia Rohrauer. Seit 2021 Aufbau und Leitung der Werkstatt für analoge Fotografie der Universität für angewandte Kunst, Wien, gemeinsam mit Claudia Rohrauer.

www.lisarastl.com
www.dornerrastl.com
www.fotografie-als-motiv.com
Instagram: rastl.lisa

Zum Werdegang und Werk

Ich habe das Handwerk der Fotografie an der Höheren Graphischen BLVA in Wien erlernt. Bis zur Meisterprüfung bin ich diesen Weg gegangen. Direkt nach meinem Abschluss, 1994, wurde ich an der Schule Friedl Kubelka. Künstlerische Fotografie aufgenommen. Das Studium war für mich nach der Graphischen ein ‚Kulturschock‘. Ich wurde mit Kunst aller Sparten konfrontiert, stimuliert und inspiriert – die Welt wurde plötzlich sehr groß für mich! Das Jahr an der Schule hat mich im richtigen Moment „erwischt“. Danach wollte ich weiter gehen und Fotografie als Kunst studieren. In den 1990er Jahren gab es in Wien an den Kunstuniversitäten noch keine Klassen dafür. Ich machte mich auf den Weg zu Bernhard Johannes Blume (1937-2011), der damals an der Hochschule für bildende Künste Hamburg unterrichtete. Die Schwangerschaft und die Geburt meiner Tochter (1995) kamen dann einer Entscheidung zuvor. Ab 2000 verdiente ich meinen Lebensunterhalt als Leiterin der Fotoabteilung des mumok Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien. Mein Hauptauftrag waren Reproduktionen und Objektfotografien von Kunstwerken und Ausstellungsdokumentationen. Das Bedürfnis Kunst zu studieren, kam in mir wieder hoch. 2006 wurde ich von Heimo Zobernig in seine Klasse für textuelle Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste Wien aufgenommen.
Das Thema der ‚Autorinnenschaft‘ – nämlich meiner eigenen – und die Frage nach dem ‚Schöpfungsgrad‘ einer Reproaufnahme, als auch das Verhältnis von Original und Kopie beschäftigt mich seit meiner Arbeit im mumok. Geprägt durch den konzeptuellen Ansatz an der Akademie der bildenden Künste Wien begann ich meine künstlerische Produktion entlang meines ‚daily job‘ zu entwickeln, vielleicht auch als Bewältigungsstrategie. Gefühle wie Langeweile, beim Abarbeiten eines großen Konvolutes an Reproduktionen oder auch die Frustration nicht „schöpferisch“ zu arbeiten, wurden zum elementaren Impulsgeber mich reflexiv und kritisch mit meinem Tun und mit der Fotografie als Reproduktionsmedium auseinander zu setzen. Der ‚Brotjob‘ und die Produktion meiner eigenen künstlerischen Arbeit wuchsen immer mehr zusammen und mein reflexiver Zugang zur Fotografie wurde in der formalen Umsetzung immer deutlicher und konsequenter.
Lisa Rastl

Werkbeispiele

Failing The Original

Lisa Rastl, Failing the Original, 2018, Gipsabguss-Sammlung Archäologisches Institut Wien
C-Print, kaschiert hinter Acrylglas, 30 x 40 cm, Foto: Lisa Rastl

Failing the Original

Die Theorien und der Diskurs über die Fotografie als Reproduktionsmedium von Kunstwerken und das Verhältnis zwischen Skulptur und Fotografie bilden den Hintergrund von Lisa Rastl´s Reflexion in ihrer Tätigkeit als Fotografin für Museen, Kunstinstitutionen und Künstler*innen und ihrer eigenen Kunstproduktion. Failing the Original ist ein künstlerisches Werk und ein künstlerischer Ansatz, mit dem die Fotografin 2013 anlässlich ihres Rom-Stipendiums begonnen hat und welches sie noch über Jahre weiter beschäftigen wird. Ausgehend von Skulpturen der antiken Hochklassik, deren Marmorkopien sie beim Besuch römischer Museen besichtigte, untersucht sie das Verhältnis von Original und Kopie, die Transformation von dreidimensionalen Objekten in das zweidimensionale Medium Fotografie und die Transformation des objekthaft Gesehenen in ein sehendes Bild. Entgegen der Idee das Original aufzusuchen, um den Moment des ‚Hier und Jetzt‘ des autonomen Kunstwerkes zu erleben, reise ich in die umgekehrte Richtung und suche die Kopien in Gipsabguss-Sammlungen auf, um vor Ort die Abgüsse zu fotografieren. In verschiedenen historischen Fotoarchiven habe ich einerseits die Archivarchitekturen mit ihren Ordnungssystemen fotografiert, als auch historische Fotografien der Skulpturen reproduziert. Lisa Rastl
Die Arbeit wurde - nach Stationen in Italien, Österreich und Deutschland - in Namibia und auf der Insel Milos fortgesetzt und inhaltlich erweitert.

Werkkomplex Homage to a (...) square, after Josef Albers

Homage to a (...) square

Die fotografische Reproduktion unterliegt einem engen technischen Korsett, sie hat den Auftrag eine Vorlage so originalgetreu als möglich abzubilden. In Homage to a (...) square, after Josef Albers, geht Lisa Rastl der Frage nach, ab welchem Moment das Abbild selbst zum Bild wird, ab der wievielten Aufnahme sich die Reproduktion weit genug vom Original entfernt, bis sich ein neues Original mit der eigenen Urheberinnenschaft konstituiert. Das fotografische Werk thematisiert den Verlust von Qualität hin zu einem Qualitätsgewinn auf einer weiteren Ebene. Wenn die Reproduktion der Reproduktion so lange wiederholt wird, bis das eigentliche Motiv hinter dem der Reproduktion verschwindet, wird aus ‚Josef Albers‘ ‚Lisa Rastl‘, der Künstler wird zur Künstlerin und das Original verliert sich in der Tiefe der Reproduktionen. Ruth Horak
Homage to a (...) square ist eine Iteration einer Iteration einer Iteration … Die Arbeit beschreibt das Vergehen und das gleichzeitige Entstehen eines künstlerischen Werks – einen Übergang. Amy Jean Porter in der Publikation Josef Albers Huldigung an das Quadrat

For example: A Vase

For example: A Vase

For example: A Vase hat Lisa Rastl 2023 als 20-teilige Serie unter dem gleichnamigen Titel konzipiert und umgesetzt. Im Mittelpunkt ihrer jüngsten Fotoserie steht das fotografische Abbilden von Objekten, das Erfassen der Haupt- und Nebenansicht, eines Details und die Signatur. Ist das zu fotografierende Objekt eine gleichmäßig gerundete Vase werden manche Aufgaben obsolet, so Lisa Rastl. Dafür kommen aus Sicht der Künstlerin, Fragen, die sie in ihrer Rolle als reproduzierende Fotografin beschäftigen: wie die der Autorinnenschaft, wenn ihre Hand z.B. ins Bild rutscht, die Funktion des Objekts als Blumenvase, die Relation zu anderen Objekten, wenn es um Größe und Aussehen geht oder mögliche Variationen. Letztere sind an die Fotografie gekoppelt, eine Langzeitbelichtung, in welcher alle vier Seiten der Vase in einem Kompositbild verschmelzen, das Negativbild der weißen Vase auf schwarzem Grund, oder die Mattscheibe, die nun nicht mehr vor der Vase liegt, sondern als Fotogramm realisiert – hinter ihr. Ruth Horak, freie Kuratorin, Autorin und Lehrbeauftragte für zeitgenössische Kunst und Fotografie.